Dieser Artikel enthält den deutschsprachigen Tourenbericht unserer Nordkalottledentour im Winter 2008. Der Bericht gibt die GPS-Daten/Koordinaten der wichtigsten Punkte der Tour auf dem Nordkalottleden wieder. Alle Daten und Beschreibungen sind subjektiv und ohne jegliche Garantie auf die inhaltliche Richtigkeit zu verstehen. Erklärungen zu Bildern sind immer unter dem Bild zu finden.
Gestern abend sind wir mit dem Bus und dem Zug nach 10-stündiger Fahrt aus Kilpisjärvi nach Oulu zurückgekehrt - sehr glücklich und zugleich auch ziemlich erschöpft. Was liegt nun hinter uns?
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Anreise
Marko kommt mit dem Flieger von Wien nach Stockholm und fährt dann weiter mit dem Nachtzug bis Abisko. Trotz seiner anfänglichen Abneigungen gegen das Schlafabteil ist es dann doch recht praktisch die Nacht liegend verbringen zu können, höre ich von ihm, als wir uns im Zug in Boden treffen. Ich bin aus Oulu gekommen - bis Haparanda mit dem Auto, dann weiter mit dem Bus nach Lulea. Dort habe ich im Vandrerheim in der Sandviksgatan Nr. 26 für 165 SEK ein Zimmer bekommen, sehr günstig. Ich habe den gesamten Proviant und einen Großteil der gemeinsamen Ausrüstung dabei, also ein Paket von 11 kg für Marko. Mit meinem eigenen Rucksack von 25 kg, den Skiern und dieser schweren Tüte schleppe ich mich mühsam die 4 km Fussweg bis zum Hostel entlang... Am nächsten Morgen ist in Lulea richtiger Schneesturm, ich packe daher gleich die Ski aus der Folie aus, in die ich sie für den Transport eingeschlagen hatte. Bei Eiseskälte und hartem Wind skilaufe ich mit dem Rucksack, in den ich nun auch noch die Tüte für Marko verstaut habe, zum Bahnhof. Der Rucksack wiegt sicher 35 kg und ist viel zu schwer. Ein Taxi wäre auch eine Alternative gewesen...
Was haben wir dabei? Warme Kleidung, Schalfsäcke, Isomatte, Schneeschaufel Vaude, Essen für 9 Tage (5kg Pasta, 8 Pastasaucen, jeder 22 Powerbars, jeder 2,8 kg Müsli und Milch-Eiweiß-Pulver, etwas Vollkornbrot, pro Tag 300 Gramm Schokolade, insgesamt 600 Gramm Studentenfutter und noch ein paar andere Kleinigkeiten. Außerdem einen Omnifuel Benzinkocher mit einem Liter Reinbenzin, einen Biwaksack für 2 Personen und ein E-Trex H von Garmin, ein kleines GPS-Gerät sowie 15 Meter 5,5 mm Dyneema Reepschnur. Wir ahnen noch nicht welche Bedeutung das GPS und das Seil für unseren weiteren Tourenverlauf haben werden, aber ohne diese beiden Ausrüstungsgegenstände wären wir wohl nie am Ziel angekommen.
Rucksack packen in der Abisko Turiststation... Marko hat alle seine Sachen wegen des Fluges und der langen Reise in einem Seesack mitgebracht.
Tag 1, SA - Björkliden bis Lappjordhytta
Temperatur: -9 °C
Luftdruck: 1019 mBar
Wetter: starker Wind, Sicht 50-1500 Meter, stark bewölkt
Strecke: 14 km, 300 Hm, 5h
Lappjordhytta (Quelle DNT): UTM 34 W 0403212 7602020
Um 11:51 erreicht unser Zug Abisko Turiststation, einen kleinen Bahnhof oberhalb des vom STF (Schwedischer Alpenverein) betriebenen Hotels westlich vom Ort Abisko. Wir gehen erstmal ins Hotel und Marko packt seinen Rucksack. Er hat noch einen Satz normale Klamotten, den Seesack und einen kleinen Rucksack dabei - viel zu viel für unsere Tour. Sein Rucksack wiegt nun bestimmt 30 kg, meiner ist aber mit guten 25 kg auch kein Vergnügen. Jedes Aufziehen ist mühsam und schwierig. Man wankt mehr als dass man gehen kann, zumindest bis man sich an das Gewicht gewöhnt hat.
In Abisko hat es fast keinen Schnee, im Glände kam man teilweis enichtmal skilaufen. So beschließen wir recht bald auf der Europastraße nach Westen zu laufen, Richtung Björkliden. Aus Jux probieren wir ein Auto zu stoppen und siehe da, das erste Auto hält und befördert uns bis Björkliden (Bahnhof = UTM 34 W 0405014 7590010) - wunderbar! Das nächste Mal würde ich direkt bis Björkliden mit dem Zug fahren, denn man spart sich einen ganzen Teil des Weges am ersten Tag, der ja durch die späte Ankunft des Zuges recht kurz ausfällt. Will man allerdings vor dem Tourstart noch etwas einkaufen, dann muss man wohl in Abisko aussteigen...
Über den Torneträsk laufen wir bei starkem Seitenwind zur ersten Hütte, der Lappjordhytta. Der Torneträsk ist einer der größten Seen hier in der Gegend und zieht sich über ca. 50 km zwischen Schweden und Norwegen durch das wirklich riesige Hoctal von Abisko.
Die Lappjordhütte liegt am oberen Rand einer von kleinen Bergen durchzogenen Birkenwaldzone und ist vom See nur mühsam zu erreichen. Es geht steil bergauf und mangels Fellen an den Skiern - wir haben nämlich keine mitgenommen, kommen wir an die Grenze unserer Kraft. Zweieinhalb Stunden für 250 HM und 2 Kilometer ist einfach viel... Wir kommen ins Fluchen und meine Erkältung von vor der Tour verbessert sich dank der Anstrengung auch nicht gerade. Zuletzt wird das Gelände so unübersichtlich und hügelig, dass wir die Hütte erst sehen, als wir 200 Meter davon entfernt sind - unglaublich. Erst ging es an einem Rentierzaun bergauf, seitdem wir diesem aber verlassen haben und Richtung Norden aufsteigen müssen wir das GPS nutzen um den Weg zu finden. Vom See auf 340 Meter steigen wir auf bis zur Hütte auf 540 Meter Höhe, ohne GPS wären wir nicht einmal bis hier gekommen.
Auf der Lappjordhytta des DNT ist noch niemand anderes. Mit dem vom DNT Norwegen besorgten Hüttenschlüssel sperren wir das Einheitsvorhängeschloss an der Tür auf und gelangen in die gemütliche Hütte - wirklich eine tolle Hütte, es gibt Geschirr, einen Gaskocher, ausreichend Holz, einen schönen Ofen, Matratzen und Betten, etc. Uns gefällt es sehr gut. Aber unsere Motivation ist zunächst an einem Tiefpunkt. Nach der Ankunft schmelzen wir Schnee und kochen Tee. Dann beschließen wir erst einmal zu Essen, bevor wir weitere Entscheidungen fällen - denken wir doch schon daran abzubrechen und nach Kilpisjärvi zu fahren. Aber wir wollen es wenigstens nocheinmal probieren morgen. Die 500g Pasta schmecken uns gut und es wird das einzige Mal auf der Tour sein, dass wir sie nicht ganz aufessen. Draussen weht ein starker Wind, er pfeift um die Kanten der Hütte und lässt die Birken draussen wackeln. Die Sicht ist dank Schneefall und starker Bewölkung ebenfalls sehr gering, wir können eigentlich gar nicht genau sagen, wie die Hütte liegt, wo Berge sind und wo nicht, wo das Tal ist etc.
Übrigens bin ich sehr zufrieden mit der Daunenjacke von The Northface, die ich mir vor dem Abmarsch noch besorgt habe (in Ingolstadt). Sie hält einen nach der Ankunft in der noch nicht geheizten Hütte unkompliziert und schnell warm. Sehr gemütlich und das Gewicht auf jedenfall wert! Eine Daunenjacke (ab 600 Cuin Fillpower) ist Pflichtgepäck würde ich hiermit sagen.
Später am Abend, als wir gerade unsere Pasta anfangen wollen, trifft noch ein finnische Gruppe aus der entgegengesetzten Richtung ein. Sie haben die Hütte ebenfalls nur mit GPS auffinden können und sind entsetzt vom Wetter. Wir erzählen ihnen wie mühsam der Aufstieg war und bekommen im Laufe des Gesprächs einen wertvollen Tipp: der Älteste der finnischen Gruppe rät uns dazu, Seil um die Skier zu knoten, das würde genauso wie ein Fell wirken. Die Idee sagt mir zu, besonders, da wir am nächsten Tag 500 HM aufsteigen müssen. Gesagt getan, es tut ins der Seele weh, die teure Dyneemaschnur zerschneiden zu müssen, aber sie rettet uns die Tour, denn ohne Felle hätten wir umdrehen können.
Nach einiger Zeit haben wir alle 4 Ski mit der Schnur so umwickelt, dass vor und hinter der Bindung unter dem Ski Knoten sitzen, die uns Rückhalt auf der Schneeoberfläche geben werden. Damit das ganze auch hält, haben wir die Umwicklung vor und hinter der Bindung miteinander verbunden, so kann das Ganze nicht vom Ski hinunterrutschen. Außerdem bekommen wir zu hören, dass Pulkas auf jeden Fall das bessere Mittel der Wahl sind, ein Rucksack ist viel zu anstrengend. Pulkas sind Wannen, die man an einem speziellen Gestell hinter sich herzieht - eine feine sache, jetzt ist es aber zu spät dafür - dir Rucksäcke, das ist uns bereits klar, sind viel zu schwer, aber was solls... Recht früh gehen wir ins Bett und schlafen gut. Marko verordnet mir vor dem Einschlafen und zukünftig dreimal täglich 25 Tropfen Codein gegen meine Erkältung - das Zeug hilft wirklich wie die Pest - WOW!
Tag 2, SO - Lappjordhytta, Scheitern am Pass
Temperatur: -13°C
Luftdruck: 1005 mBar
Wetter: sehr starker Wind, Sicht 50-100 Meter, stark bewölkt, Schneefall
Strecke: 12km, 500 Hm, 9h
Bei ganz schlechter Sicht und in unübersichtlichem Gelände steigen wir heute Richtung Altevatn auf. Wir halten uns zunächst zuweit östlich, da wir das Gelände nur schlecht überblicken können. Über steilere Aufschwünge steigen wir dem Pass im Lairevaggi entgegen. Unterwegs haben wir zwei Wegpunkte im GPS, es hätten mehr sein können. Das Gehen ist mühsam, einmal, weil es so steil bergauf geht und andererseits, weil es wirklich richtig starken Wind hat, der einen teilweise nahezu umwirft. Oben angekommen nach knapp 500 Höhnmetern haben wir zudem noch bis zu 20 cm Neuschnee, unser Vorankommen wird durch diese Bedingungen sehr erschwert. Nach 6 Stunden haben wir ungefähr 6-8 Kilometer zurückgelegt und es ist bereits halb drei. Wir werden Altevatn heute nicht mehr im Hellen erreichen, so stellen wir fest, und beschließen daher den Rückzug anzutreten. Das Gelände ist zu gefährlich, um im Dunklen abzufahren.
Schon 14:45 - time to turn back...
Wir nehmen die Schnüre von unseren Skiern ab, als wir den Pass erreicht haben, denn dann kommen wir schneller voran.
White-Out, gerade mal macht das Wetter ein wenig auf und wir machen diese Photos. Vorher haben wir noch viel weniger gesehen, eigentlich gar nichts.
Kurz vor der flachen Passhöhe (UTM 34 W 0409770 7606550) drehen wir um. Das Bild zeigt den Berg am Eingang zum Pass, wir sind schon wieder auf dem Rückweg, äusserst ausgepowert und angestrengt, auch leicht frustiert, diese Tour scheint wie verhext zu sein.
In unserer Spur laufen wir erst flach durch den Talbeginn unterhalb des Sattels zurück Richtung Lappjordhytta. Dann geht es in einer längeren Abfahrt teils recht steil und durch die wackligen Ski in Kombination mit dem Riesenrucksack mühsam bergab. Einmal stürzen wir fast in eine riesige Senke, die von einer großen Wächte verdeckt wird. Im letzten Moment kommt mir das Ganze komisch vor und ich umgehe die im Nebel nur schwach sichtbare Kante - auf seine Intuition sollte man in diesem Gelände wirklich stets und ganz genau hören. Beim Abfahren fahren wir eine ganz andere Route als im Aufstieg, aber dank GPS und Markos scharfen Augen landen wir recht gut bei der Lappjordhytta. 9 Stunden für 9-12 Kilometer haben wir gebraucht, unfassbar.
Auf der Hütte wälzen wir die Alternativen in unseren Köpfen. Wir sind sehr kaputt und noch demotivierter. Das Wetter hat uns ganz schön Kraft geraubt. Abbrechen? Nach Abisko und dort noch Touren machen? Nach Oulu und weiter nach Oulanka den Karhunkierros gehen? Wir beschließen erst einmal eine Nacht darüber zu schlafen. Auf der Hütte sind außer uns noch eine norwegische Gruppe mit 2 Hunden und drei andere Norweger mit Pulkas, die den ganzen Nordkalottleden ab Sjuitelma gemacht haben und nach 4 Wochen nun fast am Ende ihrer Tour angelangt sind: Anneliese, Per und Turril. Auch die drei haben arg mit dem Wetter gekämpft und Bedenken, ob sie morgen nach Altevatn gehen sollen. Es hat noch immer starken Wind aber die Sicht ist besser geworden. Die drei wollen bis Dividal gehen. Als wir ihnen vorschlagen, es zusammen zu probieren, finden die drei das ebenfalls gut und zur Not könnten wir bei Ihnen im Zelt übernachten, falls wir den Pass nicht schaffen und biwakieren müssen. Außerdem haben wir so als Gruppe 2 GPS Geräte, was die Gefahr stark reduziert, bei Ausfall des GPS Gerätes sich hoffnungslos in dieser Weite hieroben zu verirren - sehr gefährlich kann es dann werden.
Tag 3, MO - Lappjordhytta - Altevatnhytta
Temperatur: -13°C
Luftdruck: 1007 mBar
Wetter: sehr starker Wind, Sicht 200-5000 Meter, sonnig, bewölkt
Strecke: 26km, 580 Hm, 9,5 h
Altevatnhytta GPS-Koordinaten (Quelle DNT): UTM 34 W 0414368 7618292
Als Fünfergruppe brechen wir am nächsten Tag recht eilig auf, dachten wir zuerst, das Wetter bliebe schlecht und wir auf der Hütte. Aber es sieht dann doch besser aus, und wir laufen los. Entlang der Sommerroute machen wir einen leichten Bogen nach NNW und steigen wesentlich einfacher als gestern bis zur Passhöhe beim westlich des Ganesbakti auf.
Im Aufstieg haben wir relativ schönes Wetter, Sonne und hin und wieder stärkere Windböen. Aber es macht heute viel mehr Spaß als gestern und wir kommen auch gut vorwärts. Schnell erreichen wir den Pass, dort entledigen Marko und ich mich der Schnur an unseren Skiern und zusammen geht es weiter, langsam durch den Neuschnee spurend, Richtung Passhöhe. Dank des starken Windes ist aber der Neuschnee schon viel besser komprimiert als gestern und das Gehen fällt leichter. Wir beneiden die Anderen um ihre Pulkas - unsere Rucksäcke sorgen für blaue Flecken an Hüften und Schultern sowie schmerzende Muskeln und Gelenke ;(...
Im Aufstieg... eine beeindruckende Wind-Wolken-Formation...
Nachdem wir lange aufgestiegen sind und an einem windgeschützten Ort Mittagspause gemacht haben, erreichen wir irgendwann den höchsten Punkt des Tages: das Sámilager Lairevaggegardi. Von hier aus, so dachten wir, ginge es nur noch bergab, aber das war ein Irrtum. Es ist so flach, und das eigentlich bis hin zur Staumauer des Altevatn 400 HM tiefer, dass wir ganz normal weitere 14 Kilometer normal skilaufen müssen, dank Neuschnee kommen wir auch nicht sehr schnell vorwärts.
Im Salvvasvággi im Abstieg laufen wir östlich des Flusscanyons. Per spurt voraus, als er dem Canyon, wie ich mir in diesem Moment denke, zu nahe kommt. Der Wind hat die letzten Tage von Osten geweht, also bewegen wir uns auf einer großen Wächte oder zumindest ganz nahe dran. Plötzlich tut sich neben Per ein metertiefer Spalt auf und Massen von Schnee stürzen in den etwa 15 Meter tiefen Canyon hinab. Per reagiert zum Glück gut und wirft sich schnell auf den noch festen Schnee nach rechts. In einer etwas haarsträubenden und für alle anderen auch gefährlichen Aktion zerren wir Per aus der Gefahrenstelle heraus. Aus diesem Erlebnis haben wir sicherlich alle gelernt, und ich hätte besser mal eher auf meine Intuition gehört und Per rechtzeitig auf die Gefahr hingewiesen - Marko hatte ein ebenso ungutes Gefühl, als wir der Kante so nahe kamen...
Als es dunkel wird, erreichen wir die Staumauer am Altevatn. Bei scharfem Wind laufen wir ohne Ski über die Staumauer und auf der Straße von Innset die letzten Meter bis zur Hütte. Die Altevatnhütte ist von einer norwegischen Schulklasse aus Bardufoss besetzt, nachdem sie aber ihren abendlichen Vortrag beendet haben, dürfen wir sogar den Rest ihres Rentierragouts verzehren und bekommen Matratzen in die große Küche gelegt - so sind alle zufrieden und wir können eine ruhige Nacht verbringen. Die Zeit bis der Vortrag zu Ende war haben wir in einer kleinen Hütte neben der Haupthütte bei zwei Norwegern gewartet, die uns netterweise jedem eine Packung leckeren Trockenfisch geschenkt haben - dieser Fisch ist wirklich sehr energiereich, leicht und schmeckt noch dazu sehr lecker.
Den Abend verbringen wir mit Per, Turril und Anneliese, wir bekommen von ihnen auch noch so einiges Brot und Süßes ab, da sie am Ende ihrer langen Tour noch zuviel übrig haben. Mit vollen Bäuchen sitzen wir abends in der Altevatnhütte und verbringen später eine ruhige Nacht.
Tag 4, DI - Altevatnhytta - Gaskashytta
Temperatur: -13°C
Luftdruck: 1009 mBar
Wetter: starker Wind, Sicht 5000-10 000 Meter, sonnig, kaum Wolken
Strecke: 13 km, 3h
Gaskashytta GPS-Koordinaten (Quelle DNT): UTM 34 W 0423646 7617526
Um dem morgendlichen Trubel der Schulklasse zu entgehen, starten wir relativ früh, gegen 8:30 Uhr. Draussen ist wundervolles Wetter aber eiskalter Wind. Nachdem unsere drei norwegischen Freunde die Pulkas gepackt haben laufen wir über den nördlichen Ausläufer des Altevatn bei starkem Gegenwind Richtung Osten zur Gaskashütte.
Die Altevatnhütte, gelegen über dem Altevatn Stausee. Der Stausee kann im späteren Winter aufgrund der Wasserhöhenschwankung sehr gefährlich sein, also besser einen Local fragen or der Überquerung, im Zweifelsfall besser an frische Schneemobilspuren halten.
DerAltevatn-Stausee in seiner ewigen Weite. Der See ist etwa 40 km lang von West nach Ost und zieht sich mit einer maximalen Breite von 4 km zwischen zwei Gebirgszügen durch Norwegen. Die Berge zu beiden Seiten des Sees sind sehr weit und hoch, es ist ein wirklich imposanter Eindruck hier über das Eis zu laufen. Ich fühle das Flair, das ich auch in Finnland so liebte: die endlose Weite der Landschaft und den ewigen Winter, der hier oben herrscht. Das beliebteste Fortbewegungsmittel ist hier bis Juni das Schneemobil, Autos können nur bis zum Ort Altevatn verkehren. Skandinavien ist wirklich die letzte Wildnis Noreuropas, hunderte von Quadratkilometern ohne jegliche Straße und in völliger Einsamkeit.
Per's gepackte Pulka kurz vor dem Aufbruch. Nächstes Jahr sind Marko und ich auch so unterwegs...
Wir überqueren den Altevatn (vatn = See). Es fällt relativ schwer auf dem hartgefrorenen Schnee zu laufen, selbst hier wären Felle von Vorteil, zumindest bei dem Gegenwind, der uns entgegenbläst.
Weite Landschaft am Altevatn Stausee...
Anneliese, Turril und Per auf dem Altevatn...
Sonne, Schnee, Weite - das ist Lappland und Nordskandinavien...
Wir erreichen die Gaskashütte (GPS-Daten siehe Überschrift des Tages) recht früh gegen 12 Uhr. Vom Altevatn aus sind wir über eine Landzunge zum Luodnajakka Fluß gelaufen. Der Fluss war völlig gefroren und die Überquerung unproblemtisch. Zudem führen ab dem See mehr oder weniger geradlinige Scooterspuren durch den lichten Birkenwald zur Hütte.
Auf der Hütte angekommen sind wir recht müde, vor allem Marko mit seinem schweren Rucksack. Er hat den Seesack und seine normale Kleidung von der Anreise als zusätzlichen Balast zu unseren 25kg im Rucksack.
Wir bereiten unsere Skier für den morgigen Aufstieg zur Vuomahütte wieder mit den Seilen vor und verknoten diese mühsam unter dem Ski (die Kunst desch Chnoten chnüpfens lerncht manch inch derch Schweizch beim Klettchern! :-).
Am Nachmittag laden uns die drei Norweger zu einem leckeren Kaffee & Kekse Essen ein, wir schlagen uns dankbar den Magen voll und steuern noch ein wenig Schokolade bei, viel haben wir aber nicht zum Hergeben, da wir einen teil des Proviants auf der Lappjordhytta zurückgelassen haben, nachdem wir uns entschieden haben, die Tour um 4 Tage zu kürzen und nur bis Dividal zu gehen (zusammen mit den Norwegern). Urspünglich wollten die drei auch bis Kiplisjärvi laufeb und so den ganzen Nordkalotti machen, aber ihnen reicht die Zeit nicht mehr, da sie nächsten Montag bereits wieder arbeiten müssen und es bis Oslo noch eine weite Heimreise ist.
Außerdem bringe ich Turril bei, Wegpunkte ins GPS einzugeben und es so während der Tour effektiver zu nutzen. Ich bin erstaunt, wie schnell sie lernt, was ich ihr beibringe und wie effizient sie das neue Wissen am nächsten Tag einsetzt.
Tag 5, MI - Gaskashytta - Vuomahytta
Temperatur: -16°C
Luftdruck: 1009 mBar
Wetter: teilweise sehr starker Wind, Sicht 200-10 000 Meter, sonnig, bewölkt
Strecke: 19km, 400 Hm
Vuomahytta GPS-Koordinaten (Quelle DNT): UTM 34 W 0438531 7618582
Entlang einer Schneemobilspur folgen wir zunächst dem Sommerweg hinab in ein kleines Tal westlich der Hütte zur Brücke über den Gaskasvaggi. Kurz steil und dann angenehm flach auf einer Talstufe laufen wir Richtung Nordwesten im Tal des Gaskasvaggi leicht bergan. Nach knapp 4 km erreichen wir den Knick des Tales nach Westen. Hier ist etwas Vorsicht geboten, damit man rechtzeitig nach Westen abzweigt, den Richtung Norden nähert man sich ansonsten dem tiefen Canyon des Gaskasvaggi. Überhaupt sollte man von diesem Canyon, besonders bei schlechter Sicht, Abstand halten und auf der Talstufe oberhalb gehen, etwa 500m entfernt com Talgrund. Danach geht es bergan querend nach Westen bis hinauf auf 900 Meter Höhe.
Ich markiere auf der Strecke viele Wegpunkte, falls wir hier nocheinmal entlang gehen wollen. Die Wegpunkte werde ich demnächst hier als gpx-file verlinken.
Kurze Pause an dem Punkt, an dem das Tal nach Westen abknickt... Das Wetter ist schön, aber dank starkem Wind beträgt die gefühlte Temperatur um die -30 Grad Celsius.
Im Hochtal des Gaskasvaggi angelangt, kurz vor dem Übergang zum Tal des Gelbaluobbalat, der an der Vuomahütte vorbei in den Moskanjavri fließt. Links und rechts des Hochtales ragen imposante Felswände empor, die oben von gewaltigen Schneemengen überwächtet sind.
Kurze Rast am höchsten Punkt des Tages, es ist dank des Windes sehr kalt, aber wenigstens war es überwiegend nicht bewölkt. Nur in Teilen des Aufstiegs hatten wir schlechte Sicht, was wegen des Gaskascanyons etwas beunruhigend war.
Blick zurück Richtung Hochtal des Gaskasvaggi... Die Landschaft ist hier schon viel weiter als die Berge kurz nach Abisko und am zweiten Tag unserer Tour. Übrigens haben wir heute beim Aufstieg drei Deutsche getroffen, die aus Kilpisjärvi kamen, sie hatten ebenfalls Rucksäcke und ihr Ziel war Innset. Es waren die einzigsten anderen Wanderer mit Rucksäcken, sonst hatten ausnahmslos alle eine Pulka.
Die Vuomahytta besteht aus 3 Hütten: eine 10-Bett-Hütte, eine 8-Bett-Hütte und die Klo/Holzhütte (nicht sichtbar im Bild). Sie liegt im Sommer wie im Winter wundervoll idyllisch am Moskanjavri und eigent sich als Standort zum Fischen und Eisfischen. Es gibt im Holzschuppen sogar einen Eisbohrer. Wer also eine Angelschnur mitführt kann hier Fisch zum Dinner genießen. Wir trinken wieder unseren Nachmittagskaffee, ruhen uns aus und genießen die einsame Lage der Hütte.
Blick aus dem Fenster der Essecke nach Westen. Die Sonne geht aufgrund der nördlichen Lage erst spät unter, etwa gegen 21 Uhr. Wer es genau wissen will, nutze die entsprechende Funktion am GPS (daylight-info) - durchaus praktisch zur Einschätzung der Tageslänge, zuhause als lächerlich angesehen und nun doch hilfreich...
Die Sonne geht unter, Schatten legen sich über das Hochtal bei der Vuomahütte...
Die Berge am Moskanjavri-See verändern ihre Farben mit der untergehenden Sonne...
Abendlicher Blick aus dem Fenster nach Westen...
Und vom Fenster, das nach Norden zeigt können wir sogar noch seelenruhig Rentiere beobachten...
Übrigens fotographiere ich auf dieser Tour mit einer Canon EOS 400D mit Standardobjektiv und Skylight Filter von Hama. Außerdem habe ich den Batteriegriff BG43 von Canon für die Kamera gekauft und mit AA Lithiumbatterien bestückt, um gegen die Kälte gewappnet zu sein. Die Kamera ist recht unhandlich so, und wie ich nach der Tour erfahren habe, halten 3 Originalakkus auch bei Kälte bis zu einer Woche, d.h. man nehme besser mehrere Akkus als Ersatz und erspare sich den Batteriegriff, ist billiger und die Kamera ist dann auch wesentlich handlicher (!). Über den Sinn eines Skylight- bzw. Polfilters lässt sich diskutieren. Ich würde sogar eher noch einen klaren Objektivvorsatz bevorzugen, nur als Schutz für das Objektiv.
Am Abend treffen noch zwei andere Norweger von Dividal kommend ein, sie wollen ein paar Tage zum Fischen auf der Vuomhütte bleiben. Die haben sogar Wein in Flaschen mit in iherer Pulka, aber naja, sie gehen ja auch nicht jeden Tag 20 km so wie wir. Überhaupt habe ich den Eindruck, dass auf den Hütten die kernigen Wanderer unterwegs sind, aber auch andere Leute, wie Schneemobilreisende, Musher, Fischer, die eher nicht so sportlich sind und sich mehr aufs Kulinarische konzentrieren. Ist aber vielleicht auch nur ein Eindruck...
Am Abend beschließen Marko und ich, nicht mit den anderen morgen ins Dividal zu laufen und via Tromso am Freitag heimzureisen. Wir wollen es nun doch noch bis Kilpisjärvi versuchen, alleine schon, weil von dort die Heimreise wesentlich günstiger ist und leichter noch dazu. Irgendwie packt uns nun doch der Ehrgeiz, das Ziel zu erreichen. Turril und Anneliese überlassen uns soviel Vorräte, damit wir die kommenden 4 Tage noch weitergehen können und ermuntern uns zu unserem Vorhaben.
Anhand der Karte messe ich für den morgigen Tag Wegpunkte aus der Karte und gebe sie ins GPS Gerät ein. Außerdem beschließen wir sehr früh zu starten, um auf der nächsten angezielten Hütte, der Havgahütte, auf jeden Fall Betten zu bekommen - die Hütte ist nämlich sehr klein, und hat nur 2 Betten. Notfalls können dort auch 4 Personen nächtigen, mehr ist kaum möglich.
Tag 6, DO - Vuomahytta - Havgahytta
Temperatur: -10°C
Luftdruck: 1009 mBar
Wetter: schwacher bis mäßiger Wind, Sicht bis zu 20 000 Meter, sonnig, bewölkt
Strecke: 17km, 80 Hm
Vuomahytta GPS-Koordinaten (eigene): UTM 34 W 0453790 7612313
Achtung: Markiert man die Vuomahytta in der digitalen Túrkart auf einem Garmin GPS, stimmen die Koordinaten um MEHRERE hundert Meter nicht. Wir habe sie dann eher durch Zufall gefunden. Die Einzeichnung in der Karte scheint falsch zu sein.
Früh morgens und möglichst leise packen wir unsere ThermARests und Schlafsäcke ein, frühstücken unser allmorgendliches Nuss-Früchte-Müsli mit Eiweiß-Milch-Pulver und laufen dann Richtung Süd-Osten über den Moskanjavri los. Wir kommen zügig vorwärts, trotz etwas Neuschnee laufen wir etwa 3,5 Km pro Stunde und machen kaum Pausen. Recht bald laufen wir entlang des Vuomajohka (johka = Fluss) und überqueren wenig später dessen Flusslauf an einer guten Stelle, wo nicht meterhohe Wechten am Flusshang den Gegenaufstieg erschweren. Beinahe auf der Ideallinie biegen wir nach Süd-Osten ab in das Tal des Gálggovággi. Am Talgrund über leicht hügeliges Gelände erreichen wir schnell den See im Tal, auf etwa 700 Meter Höhe. Der Wind hat mittlerweile zugenommen, dafür hat er nun die Wolken vertrieben und das Wetter ist wirklich sehr schön und sonnig.
Blick zurück im Gálggovárri Richtung Nordwesten. Heute macht das Gehen dank schönen etters und guter Schneeverhältnisse wirklich großen Spaß und wir haben richtig Energie und Lust bekommen, Kilpisjörvi doch noch zu erreichen. Wir planen die noch ausstehenden 120 Kilometer in 5 Tagen zu bewältigen, eine weite Strecke mit langen Tagesetappen. Das Gelände wird aber flacher und es gibt eigentlich nur noch zwei Übergänge mit jeweils 800 Meter Meereshöhe, ansonsten verläuft die Strecke im Gegensatz zu bisher überwiegend durch weite Fjellandschaft und sehr flach.
Kleine Rast unterwegs, eine Tasse Tee und ein Powerbar (meist steinhart gefroren, ich haue mir desöfteren beim Abbrechen des Bars mit den Zähnen die Hand gegen die Nase... ausversehen und wirklich!).
Blick Richtung Dividalplateau (der Birkenwaldstreifen hinter der weiten Ebene im Vordergrund). Der Dividal ist ein Nationalpark der sich ab der Vuomahytta bis hin zur schwedischen Grenze über ein riesiges Gebiet des Fjells erstreckt.
Ein steiler Abbruch südlich vom Idealweg hinab ins Dividal, also immer schön auf dem Talgrund entlang laufen. Nachdem wir die Kante hinab zum Dividal erreicht haben, sausen wir 300 Höhenmeter hinab zum Dividalfluss - ins James Bond Manier rase ich hinter Marko durch den dichten Birkenwald, er macht das echt gut und zieht mir eine gut fahrbare Spur. Man muss nur aufpassen sich zu ducken und den Birkenästen auszuweichen, zudem ist die Fahrt mit dem schweren Rucksack und den lockeren Schuhen eher unkontrolliert. Wir kommen schnell am Talgrund an und sehen uns zunächst mit einer tiefen Schlucht des Dividal konfrontiert, die uns von der etwa 2km entfernten Havgahütte trennt. Etwas nördlicher finden wir ann aber doch noch eine gute Übergangsmöglichkeit. Schnell erreichen wir die Stelle mithilfe des GPS, an der laut Turkart die Hütte sein soll, aber ein kleines Holzschild weist zum Glück daraufhin, dass sie sich etwa 300 Meter weiter befindet...
Die Havgahytta (Havgahütte) liegt gemütlich im Birkenwald des Dividal. Der Innenraum hat nur zwei Betten, einen Ofen, einen Schrank, eine kleine Bank und einen kleinen Tisch - ein Gaskocher gibt es nicht, auch kein Geschirr... Aber das ist ja eher Luxus, was die norwegischen Hütten da sonst so bieten.
Wir genießen den Nachmittag draussen vor der Hütte in der Sonne, abends bereiten wir in der höllisch heiß gewordenen Hütte (der Ofen funktioniert mehr als gut... zu gut :) unsere Pasta zu. Leider ist die Pumpe des Primus Omnifuel Kochers beschädigt worden, im Rucksack - mal sehen, was nach der Tour hier an Ersatzteilbeschaffung möglich ist. Zum Glück lässt sich die Brennstoffflasche aber noch unter Druck setzen und wir können den Kocher nutzen. Ohne hätte es wohl schwer werden können, Trinkwasser zu kochen und erst recht Pasta zuzubereiten.
Pasta schlürfen par excellence... Nach dem Essen gehen wir früh ins Bett, um für den morgigen Tag bis zur Daertahytta (Daertahütte) fit zu sein. In der Nacht bekomme ich Fieber und schwitze wie verrückt, mein Schlafanzug ist klitschnass, aber am morgen geht es wieder. Ich nehme übrigens noch immer dreimal am Tag Codein, um meine Erkältung in Schach zu halten. zuhause muss ich mich unbedingt auskurieren. Aber ich habe des Gefühl, dass es trotz der Tour langsam bergauf geht.
Tag 7, FR - Havgahytta - Daertahytta (Lunch) - Storrosta Hytta
Temperatur: -15°C
Luftdruck: 1012 mBar
Wetter: schwacher bis starker Wind, Sicht bis zu 20 000 Meter, sonnig, klar
Strecke:45km, 570 Hm, 6-20:30 Uhr, 13 h Gehen
Daertahytta GPS-Koordinaten (Quelle: DNT Oslo): UTM 34 W 0464078 7634494
Storrostahytta GPS-Koordinaten (eigene): UTM 34 W 0471121 7635449
Ab der Daertahytta benutzten wir die Fjällkarta BD1 der Schweden. Zuvor haben wir die norwegische Turkart Bardu benutzt. Beide sind bei der Geobuchhandlung Kiel erhältlich.
Nach einer dank Erkältung nur mittelmäßigen Nacht wache ich am nächsten Morgen voller Spannung auf den weiteren Weg auf, Marko geht es wohl eben so. heute haben wir wirklich eine lange Etappe vor uns. Die Wetter- und Schneebedingungen werden heute über unseren Erfolg entscheiden, wir fühlen uns auf jeden Fall fit genug, es nach Kräften zu probieren.
Von der Hütte aus laufen wir nach Norden zum Rentierzaun. Diesem folgen wir nur 200 Meter, um dann an einer niedrigen Stelle darüberzusteigen. In der Turkart ist die Hütte fälschlicherweise nördlich des Rentierzaunes eingetragen, sie liegt aber etwa 100 m südlich davon. Zunächst durch hügeliges Terrain und Birkenwald steigen wir bis zur Baumgrenze auf 700 Meter Höhe und exakt westlich des Gipfels des Julosvárri auf. Von dort aus folgen wir der oben fotographierten Snowscooterspur sanft bergan durch welliges Gelände in Richtung Passhöhe des Jierttáláhku auf 800 Metern Höhe. das Wetter ist heute exzellent, ab und an bläst nur der Wind etwas stärker und trägt Schneekörner durch die Luft.
Daniel mit Dividal im Hintergrund...
Rückblick entlang unserer Spuren in Richtung Dividal aus dem Julosvággi-Tal.
Marko vor den Weiten des Julosvággi-Tals...
Die Passhöhe am Ende des Julosvággi-Tales. Man hält sich oben günstigerweise eher mittig bis links im Tal um erstens Weg zu sparen und zweitens die Flusscanyons im Bereich Julosjavri zu umgehen. Durchquerung scheint eher ungünstig und mühsam, daher der beschriebenen Variante folgen.
In der weiten Ebene des Jierttavuopmi, am Jerta, einem 1428 Meter hohen Berg, hängt eine gewaltige Schneefahne vom Wind - beeindruckend! Auf dem Weiterweg durch die Ebene haben wir für gute 10 km starken Rückenwind, der uns vorantreibt und schnell erreichen wir deshalb die Daertahütte. Es empfiehlt sich, nach dem unna Nannas über den kleinen Sattel südlich des Jalgohas zu laufen, den Hügel zu umgehen lohnt nach eigener Erfahrung gar nicht.
Die Daertahütte ist sehr gemütlich und schön und bietet den selben, nahezu unwirklichen Komfort wie auch schon die anderen DNT Hütten: viel Feuerholz, Gaskocher, alles Geschirr, Kerzen, Notvorräte... Wir machen aber nur eine Stunde Mittagspause, trocknen unsere Füße ein wenig und wollen dann weiter. Wir möchten heute die Storrostahütte erreichen, um uns den zweiten Tag bis Kilpisjärvi etwas zu verkürzen.
Blick zurück auf die einsam gelegenen Daertahütten (wieder zwei Hütten mit insgesamt 20 Betten).
Langsam laufen wir die verbleibenden 10 km Richtung Storrosta durch den Tiefschnee, ca. 10 cm. Es läuft sich recht gut, aber wir merken, dass uns schon 30 km auf Skiern und mit schwerem Rucksack in den Beinen stecken. Die Muskeln werden langsam aber sicher müde...
Im Hintergrund unserer Weiterweg Richtung Rastojaure bzw. Storrostahütte...
Im Tal auf dem Harvvesjavri von der Daertahütte Richtung Rastojaure-See...
Kurz vor dem Knick nach Norden und kurz vor dem Rastojaure-See...
kurze Pause, der Rucksack ist sooo schwer... und 45 km sind einfach sehr weit...!
Wir erreichen die ganz neue Storrostahütte ziemlich erschöpft gegen 20 Uhr. Die Hütte ist wunderschön, ganz neu gebaut. Nur der Ofen will anfangs nicht so richtig ziehen und löst ersteinmal Rauchalarm aus... Der durchdringend piepsende Rauchmelder ist aber durch Entnahme der Batterien schnell entschärft.
Heute gibt es pro Nase gleich zwei der Treckingnahrungen, die wir von Anneliese und Turril netterweise geschenkt bekommen haben - diese Fertignahrungstüten von "real turmat" sind wirklich sehr praktisch, man gießt kochendes Wasser hinein, verschließt sie mit dem Schnellverschluss für 5-7 Minuten und kann danach direkt anfangen aus der Tüte zu essen. Die Packungen wiegen 140 Gramm und ergeben zwischen 500 und 650 Kalorien, je nach Gericht. So kommen wir heute Abend auf 1300 Kalorien pro Nase, soviel esse ich an manchen Tagen zuhause den ganzen Tag über. Es ist schon verrückt, was für einen Energieumsatz der Körper bei solchen extremen Touren aufgrund der körperlichen Anstrengung und der Kälte hat. Man kann von mindestens 1000 Kalorien / 10 km Weg ausgehen, mindestens aber 3500 Kcal pro Tag, egal wie weit man läuft. An Tagen wie heute kämen wir also locker auf vier bis sechs tausend Kcal pro Person. Praktisch an real turmat ist zudem, dass es kein dreckiges Geschirr zum Abwaschen gibt, nur die Beutel in den Ofen und nachher die Asche der Beutel in die Mülltüte schaufeln, fertig. Beim Zelten in dieser Lage und um diese Jahreszeit fände ich diese Mahlzeiten das einzig Wahre, denn da fällt das Abwaschen ja noch schwerer.
Tag 8, SA - Storrosta Hytta - Koukkimajärvi Autiotupa (Suomi/ Finnland)
Temperatur: -5°C
Luftdruck: 1009 mBar
Wetter: schwacher bis mäßiger Wind, Sicht bis zu 7 000 Meter, sonnig, bewölkt
Strecke:38km, 465 Hm, 7-19 Uhr, 11 h Gehen
Pältsastugan (Pältsashütte) GPS-Koordinaten (Kartenmessung, nicht exakt, weichen ca. um 200 Meter ab): UTM 34 W 0474916 7651594
Kuokkimajärvi Autiotupa Hütte GPS-Koordinaten (eigene Messung aus der Karte): UTM 34 W 0482349 7661192
Ab der Daertahytta benutzten wir die Fjällkarta BD1 der Schweden. Zuvor haben wir die norwegische Turkart Bardu benutzt. Beide sind bei der Geobuchhandlung Kiel erhältlich. Dier hier angebenen GPS-Daten sind nicht schlecht-wetter tauglich, da handgemessen aus den Karten. Im Zweifelsfall also lieber einen Local fragen, ob er die Daten hat.
Noch etwas kaputt vom gestrigen Tage starten wir wieder um 7 Uhr morgens von der Hütte. Wir folgen einer Hundeschlittenspur nach Norden, dann einer Schneemobilspur, da sich die Hundeschlittenspuren nie besonders gut gehen. Die Hunde wühlen den Schnee einfach zu sehr auf und außerdem sackt man mit den Skiern immer in die tiefen Rinnen des Schlittens. Zuerst laufen recht lange Richtung Rostahytta entlang der Scooterspur und merken schließlich, dass wir viel zu wiet nach Westen abgewichen sind von unserer geplanten Route. Hätten wir nur früher das GPS Gerät genutzt. Wir machen einen Knick nach Osten und erreichen bald darauf den Riehttejávri. Mitten auf dem See haben einige Norweger mit Hundeschlitten (die Spuren bei der Storrostahütte waren vermutlich von dieser Gruppe) ihr Zeltcamp aufgeschlagen. Mehrere große Tunnelzelte stehen verankert mit großen orangen Schneeheringen und Skiern im Schnee.
Blick über den Riehttejávri Richtung Osten. Die Landschaft ist jetzt sehr weit und wir orientieren uns an den wenigen sichtbaren Bergen. Würden wir genauer mit Karte und Kompass arbeiten, wäre die Orinetierung selbst ohne GPS ganz gut machbar. Da wir es aber eilig haben und noch soviel Weg vor uns liegt, greifen lieber auf unser exzellent funktionierendes Garmin E-Trex H mit den gestern wieder eingetippten Wegpunkten zurück.
Nach 20 km seit Tagesbeginn erreichen wir durch 4km Tiefschnee auf den letzten Kilometern und nach einer recht rasanten Abfahrt mit steileren Passagen die Pältsastugan. Die Hütte liegt malerisch auf einem Rücken vor einem Bergmassiv, das wir auf unserem Weg heute noch überqueren müssen.
Im Hintergrund der Vávrrotoaivi, ein 900 Meter hohes Bergmassiv, das wir nachher überqueren müssen. Glücklicherweise ist der weitere Weg aber mit Holzkreuzen mehr als gut markiert und von Scootern gespurt - es sollte also kein Problem mehr darstellen, die finnische Autiotupa (offene Übernachtungshütte) Koukkimajärvi zu erreichen.
In der Pältsastugan machen wir eine Mittagspause von einer Stunde und stärken uns mit dem letzten 250g Vollkornbrot aus der Packung und 200g Studentenfutter. Außerdem gibts für jeden noch Powerbars. Übrigens testen wir beim Teewasser kochen die sündhaft teuren wasserfesten Streichhölzer aus Stockholm - null Funktion, sie gehen nicht nach einem Bad im Wassereimer... Urteil: unbrauchbar in der Wildnis, ein Filmdose hätte da wohl bessere Dienste geleistet...
Nach der Überquerung des Bergmassivs in Richtung Finnland bei heftigem Wind und schlechten Sichtverhältnissen - unsere Kräfte werden nochmal gefordert, aber emotional sind wir schon drüben, da der Weg markiert und gespurt ist... - erreichen wir das Dreiländereck Finnland, Schweden und Norwegen (=Treriksröset). Wir machen viele Fotos und gratulieren uns zur bestandenen Tour. Nun trennen uns nur noch einige Hundert Meter zur Koukkimajärvi Hütte in Finnland und die morgige kurze Etappe über den Kilpisjärvi vom Ziel - die Vorfreude auf die Zivilisation und die Freude über unseren nun doch noch eingetretenen Erfolg, dieser anfangs unter wirklich schlechten Vorzeichen begonnenen Tour steigt!
Abends in der finnischen Hütte begutachten wir unsere Füße - eingetapet sein 9 Tagen haben wir beide kaum ernsthafte Blasen bekommen. Ich muss vor der nächsten Tour abe rumbedingt daran denken, mir die Beine und Füße im Schuhbereich zu rasieren, denn die Haare wirken auf Dauer wie Schmirgelpapier zwischen dem Socken und der Haut im nassen Schuh (nass vom schwitzen im Schuh).
Wir freuen uns nun über den Erfolg, das kann nichtmal die etwas gammilge Hütte verderben - die Hütte liegt scheinbar in der Zone der Tagesausflügler und ist sehr vermüllt, zum kurz dort übernachten reicht es aber.
Überleg Überleg... was esse ich morgen im Hotelli Kilpisjärvi als erstes? Pulla?
Abends trifft noch eine finnische Studentin aus Rovaniemi ein, die sehr gut deutsch spricht und uns erzählt, dass sie eine Tour zur Gappohytta und zurück machen will. Marko wird neugierig, als sie erzählt, dass sie im Winterhalbjahr für den Santa Claus arbeitet... er fragt sie über alle Details der Weihnachtsindustrie aus und zum Schluss bleibt nur das Resultat, dass der Weihnachtsmann auch nur ein Angestellter einer gewinnorinetierten Firma ist, die das Weihnachtsbusiness betreibt...
Tag 9, SO - Koukkimajärvi Autiotupa (Suomi/ Finnland) - Kilpisjärvin Retkeilykeskus
Temperatur: -5°C
Luftdruck: 1009 mBar
Wetter: schwacher bis mäßiger Wind, Sicht bis zu 5 000 Meter, bewölkt
Strecke:10km, 45 Hm, 6-8:30 Uhr
Entlang der markierten Langlaufroute brechen wir am Morgen bereits um 6 Uhr auf und laufen zügig über den Kilpisjärvi See. Da uns das Frühstück fehlt, geht das ganz schön in die Kraft. Aber nach guten 2 Stunden erreichen wir auf der leicht verschneiten Loipe, die die ganze Zeit mit blauen Plastikstangen markiert ist, das Ufer. Über eine Art Dauercampingplatz suchen wir den Weg zur Straße, sind erschrocken, dass es zum Hotel noch 5 km sein sollen. Aber da entdecken wir das Wanderzentrum nur wenige Meter weiter an der Straße und kehren dort ein, auf dem Parkplatz steht bereits der Bus, den wir nachher nehmen möchten.
Nun haben wir unser Ziel wirklich und unbeschadet erreicht - eine große Freunde und ein großer Erfolg. Was haben wir gelernt? Pulka statt Rucksack, bei Schlechtwetter besser einen Tag auf der Hütte verbringen als viel Kraft bei sinnlosen Versuchen zu vergeuden, Treckingnahrung ist auch nicht zu verachten aber eben teurer als Pasta, Fotoakkus + Ladegerät statt Batteriegriff (wenn einmal pro Woche aufladbar), jeder ein Handy dabei haben, Felle sind sinnvoll, am besten ein langes und den ganzen Ski bedeckendes und ein kurzes für die Steigzone des Skis (so wie bei Asnes zb im Angebot).
Im Wanderzentrum schlagen wir uns am Frühstücksbuffet für 8 € den Magen voll, so viel wie wir essen, sind acht Euro geradezu ein Schnäppchen, weniger hätten wir für diese Mengen nichtmal im Supermarkt gezahlt hehe ;).
Nach dem Frühstück geht es um 11 Uhr mit dem Bus via Karesuvando, Munio, Hotelli Jeris, Levi und Kittilä nach Rovaniemi. Dort kommen wir nach geruhsamer Busfahrt um 17:30 an. Um 18:00 fahren wir dann mit dem Zug weiter nach Oulu, dort kommen wir um 21 Uhr an. Marko wird von seiner finnischen Tandempartnerin Heidi abgeholt, mich holt mein Kummivater Rainer ab.
Zuhause wird ersteinmal geduscht - sehr sehr angenehm!!! Außerdem hat Rainer mir die Sauna vorgeheizt und ich genieße diesen außerordentlichen Luxus in vollen Zügen. Danach bekomme ich noch leckeren Nudelauflauf und Kuchen zu essen, um dann wie ein Stein zu schlafen.
Nun sind wir noch eine Woche in Oulu, wir werden die Zeit vor allem zum Urlaub machen an der Uni verwenden (Snellmania essen und Humus-Cafeteria zum nachmittäglichen Entspannen, außerdem Kaffeetouren ins Coffeehouse, ins Bisketti und ins Hemingsways... Wie schön und zugleich kommen auch soviele Erinnerungen an unsere wundervolle Zeit während des Austauschsemesters in Oulu zurück...
Danke fürs Lesen und für euch Alles Gute! Bei Fragen oder Interesse melde man sich einfach bei uns oder schreibe hier einen Kommentar!
Schöne Grüße, Daniel
PS. Dieser Artikel ist teil der Blogparade vom TiggR Blog.
Monday, April 14, 2008
Abisko bis Kilpisjärvi - Tourenbericht unserer Tour auf dem Nordkalottleden im Winter in Lappland
Labels:
Nordkalottleden 2008
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5 comments:
My european guys!! Happy you guys came back alive...photos look amazing!
Lots of love,
Nadine
Hey! Neid zerfrißt mich beim Durchlesen eures Berichts....
Ihr hattet ja trotz des teilweise schlechten Wetters eine gute Zeit! Ich habe am 29.April meine Diplomprüfung und werde hoffentlich im Sommer oder Herbst nach Finnland fahren.
Moi, moi...
Wolfgang
Cool!
Als ich das ganze Geschichte gelesen habe, verstehe ich ihnen schon besser... Eine Menge richtiger "sisu" habt ihr gezeigt als ihr nicht am zweiten Tag oder nur halbwegs in Dividal umkehrte!
Wo geht's los zu nächst?
SantaClaus girl - elina
Hi Elina, quite cool that you found our blog! Was nice to meet you there and learn about santa Claus... How as your trip?
Would be nice to stay in contact, just look for us on facebook?
Bye, Daniel
Moin,
ich habe mit viel Spannung euren bericht gelesen. Wir (insgesamt 4 Hamburger) haben mehrmals Wintertrekkingtouren in Lappland unternommen. Immer wieder ein Erlebnis. 2 x mal konnten wir aufgrund des Wetters die Touren nicht zu Ende führen,aber auch das waren tolle Erfahrungen.
Gruß aus HH
thorsten
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